RAWWAR

RAWWAR, 2022, Ausstellungsansicht. Fotografie von Ea Bertrams
RAWWAR, 2022, Ausstellungsansicht. Fotografie von Ea Bertrams
RAWWAR, 2022, Ausstellungsansicht. Fotografie von Ea Bertrams
RAWWAR, 2022, Ausstellungsansicht. Fotografie von Ea Bertrams
RAWWAR, 2022, Ausstellungsansicht. Fotografie von Ea Bertrams
Joan Leandre, In the Name of Kernel Serie: Magic Line, Video, 2019
Charles Csuri, Random War, Lithographie, 1967
Antoine Schmitt, Frontal, Generative Software, 2015
Disnovation.org, War Zone, Video, 2013 -2014
Casey Reas, Operation Teapot, Generatives Video und Software, 2017
Patrick Lichty, Space Invaders, Tapisserie, 152 x 203  cm, 2003-2014

RAWWAR

Charles Csuri, Disnovation.org, Joan Leandre, Patrick Lichty, Antoine Schmitt, Casey Reas

Ausstellung: 6. Mai – 25. Juni 2022

In der Gruppenausstellung “RAWWAR” nähert sich DAM Projects dem derzeit omnipräsenten Thema Krieg. Die sechs künstlerischen Positionen befassen sich auf einer übergeordneten Ebene mit diesem Thema und sollen einerseits durch die allgemeine, zeit- und ortsungebundene Validität eine gewisse Distanz zu den gegenwärtigen, uns sehr nahen Geschehnissen in der Ukraine schaffen. Andererseits aber eröffnen sie gerade durch den Blick von dieser Metaebene aus neue Aspekte für die Diskussion über diesen spezifischen Krieg. 

Der Installationskünstler, Programmierer und Theoretiker Antoine Schmitt (FR) beschäftigt sich mit Prozessen der Bewegung und analysiert sie in räumlicher, sozialer und philosophischer Hinsicht. In der Ausstellung zeigt er zwei generative Softwarearbeiten aus der Serie “War” (2015), die Kriegsdynamiken simulieren. Unerschöpfliche Armeen von programmierten Pixeln prallen wie Soldaten auf dem Schlachtfeld aufeinander, bekämpfen und verdrängen sich, umzingeln und attackieren sich, löschen einander aus, werden endlos ersetzt. 

Patrick Lichty (US) ist Medienkünstler, Kurator und Autor. Er arbeitet mit diversen klassischen und neueren Medien wie Video, Grafik, Digital Tapestry, Virtual Reality, Augmented Reality und Artificial Intelligence. Ein Merkmal seiner Herangehensweise ist die Überbrückung von Analogem und Digitalem, von Handarbeit und Softwareberechnung, von Stofflichkeit und Immaterialität. Seine hier ausgestellte Tapisserie zeigt die grobpixeligen “Space Invaders” des gleichnamigen Videospiels, eines der ersten Gaming-Welthits von 1978, die das Weiße Haus attackieren. Unter dieser freundlichen und verspielten Oberfläche verbirgt sich die todernste Frage nach der Sinnhaftigkeit von Kriegen. 

Von Charles Csuri (US), Pionier der Computerkunst und Weltkriegsveteran, der erst vor wenigen Wochen 99-jährig verstarb, ist in “RAWWAR” die ikonografische Lithografie “Random War” (1967–1968) zu sehen. Sie ist das Ergebnis einer Softwarearbeit, die erstmals 1968 in „Cybernetic Serendipity“ im ICA London gezeigt wurde, einer der ersten großen Ausstellungen von Digitaler Kunst. Die Arbeit gilt als wegbereitend für das Computerspiel. Auf dem weißen Blatt sind rote und schwarze Umrissfiguren von Soldaten mit angelegtem Gewehr verstreut. Die Bildinformation speist sich aus einer computergenerierten Liste von Soldatennamen, bei der eine Software per Zufallsprinzip darüber entscheidet, wer getötet, verletzt, vermisst oder auch geehrt wird. Entstanden am Höhepunkt des Vietnamkrieges ist diese Arbeit ein sachlicher und treffsicherer Kommentar zur Objektifizierung und Entmenschlichung von Soldaten auf dem Spielfeld des Krieges.

Casey Reas (US) ist Medienkünstler, Softwareentwickler und Professor. Er macht in erster Linie softwaregenerierte Kunst, die sich dynamisch als Bewegtbild oder statisch als Grafik manifestiert. Seit einigen Jahren geht er auch oft den umgekehrten Weg und reduziert vorhandenes Bildmaterial, anstatt welches von Null auf zu konstruieren. Im Fall seiner Videoarbeit “Operation Teapot” (2017) verwendet er historische Fernsehbilder von Atombombenexplosionen, die stark vereinfacht aber noch eindeutig als solche erkennbar sind. Es ist nicht nur der für Casey Reas ungewöhnlich hohe Grad an Gegenständlichkeit, der diese Arbeit aus dem Rahmen seines Schaffens fallen lässt. Auch weist sie einen sonst nicht so deutlichen persönlichen Bezug zum Künstler auf. 

Joan Leandre (ES) arbeitet in erster Linie mit Computerspielen, die er durch Softwaremodifikation dekonstruiert und in eigenen Erzählungen neu zusammensetzt. Dabei fokussiert er jeweils auf bestimmte game-typische Elemente wie Flugsimulation, Urwaldlandschaften und kriegerische Handlungen. Die Serie “In the Name of Kernel: Magic Line” (2019) umreißt ein Narrativ vom Krieg, der in Computerspielen oft präsent ist, akut und konfrontativ als zentrale Action oder unterschwellig als latente Bedrohung im Hintergrund. Traumartig brüchige und geschichtete Versatzstücke von Bildern werden vervollständigt durch ein Ambient-Sounddesign, das der beunruhigenden, apokalyptischen Atmosphäre eine seltsam ästhetische und faszinierende Note gibt. 

DISNOVATION.ORG (FR) ist ein internationales Kollektiv von Medienkünstlern. Die Gruppe versteht sich als kritische Kraft an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Hacking. In der Videoarbeit “War Zone” (2013–2014) haben sie mit Google Earth Abschüsse und Flugbahnen von Kriegsraketen aus verschiedenen Zeiten und Konflikten weltweit nachvollzogen. Man sieht jedoch nichts von der Rakete selbst oder ihrem Einschlag. Dadurch ist sowohl eine klare Situationserkennung als auch eine innere Distanzierung vom Vorgang möglich.

Öffnungszeiten
6. Mai – 25. Juni 2022
Mittwoch – Freitag: 13 – 18 Uhr
Samstag: 12 – 16 Uhr
Und nach Vereinbarung

Adresse
DAM Projects
Horstweg 35
14059 Berlin
030 76802417