In der internationalen Presse zur Kunstszene schien es in den letzten Monaten neben der Pandemie nur ein Thema zu geben, nämlich NFTs. Die Abkürzung steht für “Non Fungible Token”, was so viel bedeutet wie “Nicht austauschbare Token”, im Grunde handelt es sich um die Verknüpfung einer Datei mit einem Zertifikat auf der Blockchain. Diese Technologie wird verwendet, um der Datei beziehungsweise dem digitalen Kunstwerk Einzigartigkeit zu attestieren. Die bevorzugte Crypto-Währung ist Ethereum und spätestens mit den hochpreisigen Weiterverkäufen der CryptoPunks, einem NFT-Projekt der Larva Labs von 2017, gewannen Crypto-Kunstwerke die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit. Wir freuen uns, dass “Digital Art” aufgrund dieser Entwicklungen schnell zu einem Begriff in den Mainstream Medien wurde, auch wenn dabei teilweise der Eindruck vermittelt wird, digitale Kunst sei etwas Neues. Wie Sie wissen, ist dies nicht der Fall. Digitale Kunst gibt es seit den 1960er Jahren. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Methoden des Verkaufs, der Sammlung und Archivierung von digitaler Kunst ist bereits von Anfang an Teil des Diskurses und steht seit mehr als 30 Jahren im Zentrum der Arbeit von DAM und DAM Projects. Überzeugen Sie sich selbst auf unseren Webseiten dam.org/museum und damprojects.org.
Der Hype der letzten Monate hatte jedoch weniger mit Kunst zu tun, denn es waren hauptsächlich Akteure der Crypto-Szene, die hier große Beträge ihrer Crypto-Währungen investierten. Die Kunst schien dabei eher nebensächlich zu sein. In vielen Fällen wurden fünf- bis sechsstellige Beträge für Banalitäten bezahlt, die gute Grafiker:innen in wenigen Minuten als Effekte realisieren könnten. Interessant ist auch, dass die “erfolgreichen” Künstler:innen oft Personen waren, die bisher in der etablierten Kunstwelt keine Rolle spielten. Es war und ist natürlich schon immer wichtig und interessant, ebendiese etablierte Kunstszene aufzumischen und neue Perspektiven ins Spiel zu bringen. Während des Hypes ging es aber nicht um neue künstlerische Positionen. Die angebotenen digitalen Dateien bildeten in den meisten Fällen nur das ab, was Kenner der digitalen Szene schon seit Jahren kennen. Vielmehr feierte sich eine Szene, die offenbar über große Summen von Crypto-Geld verfügt, selbst. Die Motive hierfür seien dahingestellt.
Doch die Entwicklung ging weiter. In der nächsten Phase begannen einige interessante Künstler:innen, die bereits eine Nähe zu digitaler Kunst und den verschiedenen digitalen Werkzeugen hatten, eigene Kunstwerke als NFTs zu vermarkten. Teile der Kunstszene haben von dem Crypto-Hype profitiert. In vielen Fällen haben die Künstler:innen ihre NFTs selbst auf den entsprechenden Plattformen verkauft. Es entstanden aber auch spezialisierte Agenturen von Kunstberater:innen, die sich als Expert:innen auf diesem Markt, auf dem anscheinend schnell, viel Geld ausgegeben wurde, positionierten. Zu guter Letzt bemühten die ersten Galerien sich auf dem Markt zu etablieren, oft ohne Kenntnisse oder einen Hintergrund in der digitalen Kunst zu haben.
Von einer künstlerischen Revolution kann man wirklich nicht reden, denn künstlerisch passiert hier nichts Neues.
Auch Auktionshäuser, die sich ja vermehrt am Primärmarkt engagieren, wollten ihr Stück vom Kuchen. Neben den ersten spektakulären Versteigerungen Anfang des Jahres bilden hier besonders zwei kürzliche Auktionen von Christie’s und Sotheby’s die aktuelle Lage perfekt ab: die höchsten Preise im sechsstelligen Bereich erzielten ansonsten unbekannte Vertreter:innen der Cryptoszene. Aber auch international etablierte Künstler:innen der digitalen Kunst wie Casey Reas, Anna Ridler oder Mario Klingemann erreichten fünfstellige Auktionsresultate.
In diesem Zusammenhang möchte ich exemplarisch eine Arbeit von Casey Reas näher beleuchten, die bei Sotheby’s für knapp 53 000 US Dollar versteigert wurde. Das NFT beinhaltet einen zweiminütigen Mitschnitt einer Software-Arbeit der Still Life Serie. Nach den zwei Minuten wiederholt sich das Video. Die Original-Software, also das gesamte Programm auf dem das NFT beruht, kann noch bei DAM erworben werden und liegt momentan bei einem Preis von 13 500 Euro. Der Kauf des Kunstwerks beinhaltet eine Aluminiumschachtel mit Gravur der Daten zur Arbeit, einzelne kleine signierte Prints, die verschiedene Zustände der Arbeit zeigen, die Programmdatei und den Quellcode, signiert und datiert. Jetzt können Sie entscheiden: Welchem Format würden Sie den Vorzug geben?
Wo stehen wir jetzt: NFTs und die Aufmerksamkeit, die diese Szene auch in den Mainstream-Medien erhalten hat, hat die öffentliche Wahrnehmung digitaler Kunst verstärkt. Darüber freuen wir uns sehr, denn davon profitieren die Künstler:innen und wir. NFTs werden sich als ein Vertriebsweg für digitale Medien etablieren und auf diesem Weg auch ein neues Publikum erreichen. Bereits in den letzten Jahren ließ sich beobachten, dass vermehrt junge Sammler:innen sich für das Gebiet der digitalen Kunst interessieren. Da das DAM seit seiner Gründung in den frühen 2000er -Jahren die Entwicklung dieses spezifischen Bereichs der zeitgenössischen Kunst begleitet und Künstler:innen vertritt, deren Werke sich bereits seit 1965 mit Technologie und digitalen Medien auseinandersetzen, sind wir hier der ideale Ansprechpartner. Ab dem Herbst 2021 werden wir auch NFTs unserer Künstler:innen auf der DAM Projects Website anbieten.
Wir freuen uns über ihre Kommentare und wünschen Ihnen einen schönen Sommer!